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Aktuelles | De Gennaro, Enrico | 10.09.2024
Vom 8.9.2024 bis 18.5.2025 zu sehen: Heinz-Rall-Ausstellung in Stuttgart eröffnet
Am Sonntag, 8. September 2024 wurde in der Pauluskirche im Stuttgarter Westen die Ausstellung „Heinz Rall – Kirchenbauten 1959-1977“ eröffnet, die im Jahr 2020 anlässlich des 100. Geburtstags des Architekten vom Römermuseum aus der Taufe gehoben wurde.
In höchst sinnfälliger Weise war die Vernissage somit Teil des bundesweit begangenen „Tags des Offenen Denkmals“, welcher dieses Jahr unter dem Motto „Wahr-Zeichen“ stand. Stimmungsvoll begann die Veranstaltung dann auch mit den feierlichen, wohlbekannten Klängen von Charpentiers „Te deum“, dargeboten durch Orgel und Solo-Trompete.
Die 1961 eingeweihte Stuttgarter Pauluskirche ist bereits die dritte Station der Ausstellung „Heinz Rall – Kirchenbau 1959-1977“, nachdem sie in Güglingen und Sindelfingen gezeigt wurde.
Zugleich ist es die Heimatgemeinde des Architekten: Geboren im Jahr 1920 und aufgewachsen in der Bismarckstraße 80, wurde er hier getauft und konfirmiert. Die Vorgängerkirche erlitt allerdings schwere Kriegszerstörungen, nur der einstige Turm blieb erhalten.
Wie der Historiker und Gemeindemitglied Dr. Hartmut Knopp in seiner Begrüßung betonte, war es die Initiative des Komitees „Paulus hat Zukunft“, die maßgeblich für die Übernahme der Ausstellung und die Gestaltung des Tages verantwortlich zeichnete. Ein kurzer Abriss ließ die Eröffnungsgäste staunen, dass es sich bei der Pauluskirche um eine der drei größten Kirchen Stuttgarts mit ebenso einer der größten Orgeln handelte.
Museumsleiter und Kurator Enrico De Gennaro schilderte in seiner Kurzansprache die inhaltliche Herangehensweise an das Foto-Projekt und die daraus resultierende Ausstellung. So wurden etwa Kirchenbauten herausgegriffen, die als repräsentativ bzw. prototypisch für Ralls Kirchenbau-Tätigkeit gelten können und im Äußeren wie Inneren möglichst unverändert erhalten geblieben sind.
Auf diese Weise entstanden insgesamt 110 großformatige Fotografien zu zehn ausgewählten Rall-Kirchen, die im Rahmen der Schau präsentiert werden. Sie stammen aus der Linse der Stuttgarter Fotografin Rose Hajdu, die mit ihrer Kamera intensiv der Verbindung von Architektur und Licht sowie der Verschmelzung mit Kunst nachspürte, die allen Rall-Bauten innewohnt.
Als ausgebildete Architekturfotografin war Hajdu zunächst als Amtsfotografin des Landesdenkmalamts Baden-Württemberg tätig, konzentrierte sich später weiterhin auf die Bereiche Architektur, Kunst, Archäologie und Denkmalpflege. Große Teile ihrer Arbeiten in jüngerer Zeit entstanden im Auftrag des Deutschen Dokumentationszentrums für Kunstgeschichte, Bildarchiv Foto Marburg; so standen in den letzten Jahren im Mittelpunkt auch zahlreiche Veröffentlichungen etwa zu den Werken von Architekten wie Paul Bonatz, Martin Elsaesser und Theodor Fischer.
In einer Einführung referierte der ehemalige Kunstbeauftragte der Evangelischen Landeskirche, Reinhold Lambert Auer, eindrücklich über den Bau: Unter 62 anderen Mitbewerbern gewann Heinz Rall mit seinem Architekturbüro den Wettbewerb seinerzeit – gestalterisch entschied er sich für einen vollständigen Neubau in Form eines dreischiffigen Saalbaus, der deutlich Anleihen an die Neogotik aufgreift und modern interpretiert.
Unter allen Grundrissen der mehr als 20 von Rall gebauten Kirchen sollte diese doch sehr traditionell wirkende Form eine Seltenheit und zugleich sein konventionellster Kirchenbau bleiben – vielmehr verwirklichte Rall deutlich am häufigsten polygonale Grundrissformen.
Dekan Marcus Keinath strich abschließend in seiner Rede als Vorsitzender die bedeutende Rolle Heinz Ralls für die Gründung des „Vereins für Kirche und Kunst in der Württembergischen Landeskirche“ heraus.
Viele hundert Besucher nahmen nicht nur an der Vernissage teil, sondern nutzen dann auch den ganzen Nachmittag die Gelegenheit, sämtliche Räumlichkeiten und die Ausstellung zu besichtigen sowie die seltene Möglichkeit, den 46 m hohen Kirchturm zu besteigen und dabei ein wunderbares Panorama über den Stuttgarter Westen und den Talkessel zu genießen. Ein Konzert des Paulus-Posaunenchors rundete den Vernissagen-Nachmittag schließlich in gelungener Weise ab.
Bis zum 18.5.2025 ist die umfangreiche Ausstellung nun mit ihren großformatigen Fotografien, auf zwei Stockwerke verteilt, in den Räumlichkeiten von Kirche und Gemeindehaus zu sehen.
Umfassendes Begleitprogramm
Ein umfassendes Begleitprogramm startet am Dienstag, 22. Oktober 2024 um 19:30 Uhr mit dem Vortrag „Heinz Rall – Kirchenbau“ von Reinhard Lambert Auer, dem ehem. Kunstbeauftragten der Evangelischen Landeskirche in Württemberg.
Ein weiterer Vortrag am Dienstag, 10. Dezember 2024, ebenfalls um 19:30 Uhr, behandelt das spannende Thema der seltenen „Betonglas-Fenster“. Referentin ist Dr. Liane Wilhelmus vom ZEGK der Universität Heidelberg.
Weitere Veranstaltungen und Vorträge zu unterschiedlichsten Themen sind für 2025 geplant, die auf der Homepage www.stuttgart-west-evangelisch.de angekündigt werden.
U.a. wird auch die WDR-Produktion „Hallelujah“ von Mauricio Kagel aufgeführt, die unter der musikalischen Leitung des legendären Clytus Gottwald in den späten 1960er Jahren in der Pauluskirche gedreht wurde.
Der Flyer zur Ausstellung:
Der Begleitband zur Ausstellung:
(erhältlich im Museumsshop des Römermuseums, im Online-Shop sowie in der Ausstellung vor Ort)
Auf Youtube verfügbar:
Interview mit dem Architekten Wolfram Steinmayer zur Pauluskirche in Stuttgart-West.
Als Mitarbeiter im Büro des Kirchenbauers Heinz Rall war er nicht nur am Bau der Kirche beteiligt, sondern begleitete auch spätere Um- und Anbauten.
Fundierte Einblicke und spannend erzählte Hintergründe durch einen Zeitzeugen!
Link: https://www.youtube.com/watch?v=RPzknTOUa3M